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Gletschermilch

Frische Gletschermilch des Perito-Moreno-Gletschers in Argentinien
Frische Gletschermilch des Perito-Moreno-Gletschers in Argentinien © gipfelwelt.net

Als Gletschermilch wird per Definition das Abflusswasser eines Gletschers bezeichnet. Durch das vom Gletscher erzeugte Gesteinsmehl erscheint es grau und trübe.

Vom Gestein zur Milch

Gletscher transportieren Unmengen von Gesteinsmassen von den Berghängen in die Täler. Dabei fressen sie sich förmlich in das Gestein des Gebirges hinein und formen über die Jahrtausende Kare und Canyons aus. Um was für riesige Mengen an Gestein es sich handelt, kann man an den riesigen Steinmauern bewundern, die sich an Gletschermoränen finden. Sie sehen oft aus wie von Menschenhand errichtet, und doch ist es das Eis, das über einen enorm langen Zeitraum Stein um Stein dort hin verfrachtet hat.

Das ist auch der Grund, wie die sogenannte Gletschermilch entsteht: Durch die Reibungsprozesse beim Ablösen des Gesteins vom Fels und beim Transport werden viele dieser Gesteinsbrocken regelrecht geschliffen. Somit befindet sich im Eis auch feines Gesteinsmehl, das von der Reibung übrig geblieben ist. Das bezeichnen Geologen als Suspensionsfracht.

Seine Fracht transportiert das Schmelzwasser des Gletschers nun an das Ende der Eiszone. Das Abflusswasser des Gletschers sammelt sich hier häufig in Gletscherseen, wo das Gesteinsmehl kulminiert wird. So kommt es, dass die Gletscherseen im Sonnenlicht durch dieses Gesteinsmehl grau und trüb aussehen, obwohl es sich um frisches Schmelzwasser handelt. Dieses typische, trübe Wasser wird wiederum als Gletschermilch bezeichnet.

Die graue Farbe bleibt aber nur an den Seen direkt am Fuß der Gletscher bestehen. Mischt sich die Gletschermilch mit frischem Wasser in Flüssen oder großen Seen, so kann es den Effekt vorrufen, dass es türkis schimmert. Dabei behält es allerdings seine Trübheit und lässt sich dso unterscheiden von Seen, die beispieslwese durch Algenbewuchs grün schimmern. Dennoch handelt es sich um ein funkelndes und sattes Türkis.

Das Phänomen kennen wir auch vom Meer, wenn sich am Meeresgrund kein Sand, sondern Kiesel befindet: Die Côte d’Azur in Frankreich erscheint beim richtigen Einstrahlwinkel der Sonne ebenfalls in einem satten Türkis.

Gletschermilch als Nahrungsergänzung?

Um die Gletschermilch ist ein wahrer Mythos entstanden, der sich kaum rational erklären lässt. Entsprechend der Gesteine, die sich als Mehl im Gletscherwasser befinden, ist die Gletschermilch reich an Mineralien und Spurenelementen wie Calcium und Magnesium. In der Alternativmedizin werden ihr daher alle möglichen gesundheitsfördernden Eigenschaften zugeschrieben, und sie ist sogar häufiger mal in Drogerien zu kaufen.

Das Absurde daran beginnt schon dabei, dass es sich hier niemals um original Gletschermilch handelt. Vielmehr wird sie für den Handel künstlich erzeugt durch gemahlenes Granitgestein, das mit Wasser vermischt wird. Nun sollen geringe Mengen dieses künstlichen Gletscherwassers, täglich eingenommen, für diverse Verbesserungen der Gesundheit und des körperlichen Wohlbefindens sorgen.

Wissenschaftliche Belege für die gesundheitsfördernde Wirkung gibt es nicht. Tatsächlich nehmen wir über eine halbwegs ausgewogene tägliche Nahrung auch alles an Mineralien auf, was unser Körper so braucht. Schon rein intuitiv ist es auch recht absurd, gemahlene Steine zu sich zu nehmen. Also besser Finger weg!

Die originale Gletschermilch aus dem Gletschersee ist sowieso unter keinen Umständen zum Verzehr geeignet. Das Gestein der Berge enthält nämlich neben den Spurenelementen, die möglicherweise gesundheitsfördernd sein könnten, auch ziemlich ungesunde Bestandteile wie Aluminium oder Titan, weswegen beim Wildcamping die Regel gilt: Niemals unaufbereitetes Gletscherwasser trinken! Auch zum Waschen von Körper oder Kleidung eignet es sich wegen des Gesteinsmehls und der eisigen Temperatur nicht wirklich.

Natürlich kann es aus diversen Gründen – einem erhöhten Bedarf oder einer unausgewogenen Ernährung – dazu kommen, dass dir Mineralien im Körper fehlen. Dies ist aber eher die Ausnahme als die Regel, da wir davon nur minikleinste Mengen benötigen. Solltest du einen Mangel an einem oder mehreren Mineralien haben, ist es sicherlich sinnvoller, spezifische Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Und auch nur dann, wenn ein solcher Mangel von einem Arzt im Blutbild festgestellt wurde.

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