Eineinhalb Tage war ich auf dem Oder-Neiße-Radweg mit Zelt unterwegs. Tolles Mikroabenteuer von Berlin, Start und Ziel sind mit dem Regionalzug gut erreichbar.
Der Oder-Neiße-Radweg (D12) beginnt an der Neißequelle in Tschechien. Ab der deutschen Grenze bei Zittau verläuft er immer der Grenze zu Polen entlang zunächst bis zur Mündung der Neiße in die Oder bei Ratzdorf in der Nähe von Eisenhüttenstadt. Dann geht es weiter an der Oder bis zu deren Mündung in die Ostsee beim Stettiner Haff.
Mit einer Gesamtlänge von 634 Kilometern kann man auf dem Oder-Neiße-Radweg ein bis zwei Wochen verbringen. Er ist in erster Linie geprägt durch die herrliche und oftmals weitverzweigte Auenlandschaft der Flussläufe, die zu einem großen Teil auf oder neben Hochwasserdämmen autofrei durchradelt wird.
Inhalt
Perfekt für Berliner Mikroabenteuer
Fast durchgängig hervorragender Straßenbelag, eine gute Infrastruktur mit detaillierter Beschilderung und ein in weiten Teilen naturnahes Erlebnis ohne Autoverkehr sowie die beständige Nähe zum Wassr machen diesen Radweg zu einem sehr lohnenden Erlebnis für ein Mikroabenteuer. Ich war von dem abgefahrenen Abschnitt sehr begeistert und bin mir sicher, dass ich auch noch weitere Teilstücke machen werde. Besonders den letzten Teil mit der Mündung in der Ostsee möchte ich bald mal angehen.
Für Berliner ist es möglich, unkompliziert ein Teilstück in einem oder mehreren Tagen entlang zu radeln. Denn der größte Teil des Oder-Neiße-Radwegs lässt sich von Berlin aus gut erreichen mit direkten Verbindungen der Regionalzüge in einer bis zwei Stunden Fahrt. Das lässt sich auch gut mal zwischendurch als Mikroabenteuer an einem Wochenende machen. Als Start-/Endpunkte kann man dabei im Wesentlichen zwischen diesen Orten mit Direktverbindung wählen: Cottbus (etwa 25 Kilometer Anfahrt über den Fürst-Pückler-Weg), Guben, Eisenhüttenstadt, Frankfurt/Oder, Küstrin-Kietz, Schwedt/Oder, Tantow, Stettin (etwa 25 Kilometer Anfahrt über Radweg Grüne Oder) und Anklam.
Darüber hinaus gibt es natürlich noch viele weitere Optionen, wenn man auch ein-, zweimal umsteigen sowie lange Anfahrtzeiten in Kauf nimmt und/oder das Ganze mit Teilstücken anderer Radwege verbinden möchte. Auch den Start- und Endpunkt des kompletten Oder-Neiße-Radweges kann man von Berlin aus mit Zügen erreichen. Aber wir mögen es ja gern unkompliziert. Gerade wenn man vielleicht einfach nur mal eine kleine Stadtflucht braucht, bieten sich meines Erachtens nur die genannten Möglichkeiten an.
Der von mir gewählte Abschnitt Cottbus-Küstrin
Ich entschied mich dafür, den südlichsten mit direkter Regionalbahnverbindung erreichbaren Punkt des Oder-Neiße-Radwegs für den Start zu nutzen. Cottbus liegt nicht direkt am Radweg, sondern das bedeutet noch eine etwa 25 Kilometer lange Anfahrt über den Fürst-Pückler-Weg. Das fand ich aber recht spannend, da die Strecke am faszinierenden Klinger See vorbei führt, einem gefluteten Tagebau.
Den Oder-Neiße-Weg flussabwärts zu fahren, lässt einen von dem leichten Gefälle profitieren. So habe ich das auch gemacht, allerdings war ich so die meiste Zeit im Gegenwind, sodass es anders herum wahrscheinlich leichter gegangen wäre. Aber dann kommt man auch nicht in den Genuss der schönen Abfahrten vor und nach Frankfurt/Oder, sondern muss sich an den schönen Stellen hinauf quälen und hat stattdessen langweiligere Abfahrten.
Sowohl das erste Stück auf dem Fürst-Pückler-Weg als auch der gesamte Abschnitt auf dem Oder-Neiße-Radweg waren hervorragend markiert, sodass man nicht unbedingt eine GPS-Navigation braucht. Der Straßenbelag war bis auf wenige kurze Abschnitte in exzellentem Zustand.
Ich habe insgesamt 157 Kilometer abgefahren.
Der Weg weist keine Schwierigkeiten auf, sodass ich meine Fahrradtour als leicht einstufe.
Start- und Endpunkt sind von Berlin-Ostkreuz jeweils eine gute Stunde entfernt mit Regionalzug-Direktverbindungen zu erreichen.
Tag 1 Cottbus – Kloster Neuzelle – Eisenhüttenstadt – Aurith (8h)
Mit leichtem Gegenwind, kleinem Umweg und ausgiebiger Mittagspause am Kloster Neuzelle war ich heute acht Stunden unterwegs.
Am Bahnhof in Cottbus startete ich bei regnerischem Wetter. Hier gelangte ich direkt auf den Fürst-Pückler-Weg, der mich durch den schönen Branitzer Park schnell aus der Stadt heraus führte. Im weiteren Verlauf nicht so spannend über Dörfer und durch den Wald, aber der tolle Aussichtspunkt über die endlose geflutete Bergbaulandschaft am Klinger See war sehr lohnend.
In Forst erreichte ich nach eineinhalb Stunden den Oder-Damm, auf dem der Oder-Neiße-Radweg entlang der Grenzpfeiler in Deutschlandfarben führt. Der Weg wird hier gerade neu gemacht, sodass ich über frischen Asphalt brausen konnte.
Kurz hinter Forst hellte es auch auf und die Sonne kam ab jetzt immer mal wieder zum Vorschein.
Bis vor Guben kam ich immer mal wieder in Nähe der Landstraße. Da man aber komplett autofrei radelt und die Straße die meiste Zeit nicht sieht, störte das nicht allzu sehr.
Nun begann ein sehr schöner Abschnitt, gefühlt fernab der Zivilisation und durch die tollen Auen, kleinen Seen und Moorlandschaft mit der Neißemündung bei Ratzdorf. Von hier an ging es jetzt also der Oder entlang.
Ich nahm den Drei-Kilometer-Abstecher zum Kloster Neuzelle, den ich nur wärmstens empfehlen kann. Die Klosteranlag am Rand des Naturparks Schlaubetal ist in den Hang gebettet mit der prächtigen barocken Stiftskirche in strahlendem Gelb und wird von einem wunderschönen Park gesäumt. Hier aß ich zu Mittag und ruhte mich etwas aus.
Weiter ging es auf dem Damm bis Fürstenberg/Oder, dem historischen Teil der sozialistischen Planstadt Eisenhüttenstadt bei den mittlerweile für ArcelorMittal dampfenden Hochöfen zur Stahlproduktion. Ich schaute mir auch die Planstadt an, bin mir aber nicht so sicher, ob man es unbedingt empfehlen kann. Es ist auf jeden Fall interessant.
Nach einem weiteren schönen Abschnitt auf dem Oderdamm übernachtete ich auf dem sehr gepflegten Radlerhof Aurith mit kleinem Campingplatz.
Tag 2 Aurith – Frankfurt/Oder – Oderbruch – Küstrin-Kietz (4h)
Heute stand mir noch ein halber Tag zur Verfügung, der mich in etwa vier Stunden bei heute noch stärkerem Gegenwind als gestern bis nach Küstrin brachte.
Zunächst einmal führte der Weg leider weg von der Oder und neben einer autobahnähnlichen Landstraße entlang eine Steigung hinauf. Der ersehnte Abzweig ließ mich dann dafür den Hang hinab ohne Anstrengung nach Frankfurt/Oder hinein brausen.
In Frankfurt führt der Weg wieder zur Oder, über die sehr schöne Parkinsel Ziegenwerder und den Hafen, der mir auch gut gefallen hat. Den Schwenk in die Stadt hinein hätte mich mir allerdings – diesmal definitiv – schenken können.
Nach der Stadt leider auch erst mal wieder einige Kilometer neben der Landstraße mit leichter Steigung und weg vom Wasser bis nach Lebus. Hier gab es wie schon vor Frankfurt dafür wieder eine schöne Abfahrt als Belohnung bis zur Oder hinab.
Der letzte Teil bis Küstrin-Kietz, wo ich den Zug zurück nach Berlin nahm, war wieder landschaftlich äußerst prächtig, mit satter, weit auslaufender Auenlandschaft. Hier beginnt das Oderbruch, wo sich die Oder durch eine große Tiefebene mäandert. Man muss allerdings teilweise neben dem Damm fahren, sodass die Sicht etwas eingeschränkt ist. Es sieht aber so aus, als würden die Abschnitte oben auf dem Damm stetig erweitert werden.
GPS-Route Oder-Neiße-Radweg Cottbus – Küstrin-Kietz
Last Updated on November 16, 2024 by Raffaele