Im Buch „Abenteuer Unlimited – Mein Leben im Grenzbereich“ blickt Extremsportler Helmut Linzbichler zurück. Es ist ein erfülltes Abschiednehmen von den Bergen.
Der Österreicher Helmut Linzbichler, geboren 1941, ist Extremsportler durch und durch. Weltweite Marathon- und Ultamarathonläufe gehören genauso zu seiner Agenda wie die Seven Summits und unzählige weitere Expeditionen als Bergsteiger und mit Skiern. Auf sämtlichen Kontinenten organisierte er Extremtouren, gewann Teilnehmer und Sponsoren, nahm an den Expeditionen von Kollegen teil. Im Sportwelt Verlag ist kürzlich sein Buch „Abenteuer Unlimited – Mein Leben im Grenzbereich“ erschienen, in dem der 78-Jährige Bilanz zieht und zurück blickt auf fünf Jahrzehnte voller Grenzerfahrungen.
Inhalt
Türkei, Pakistan, Welt
Wer wissen will, was Helmut Linzbichler angetrieben hat, quasi seit dem Ende seiner Schulzeit verrückte und waghalsige Abenteuer zu suchen, wird in dem Buch mit auf seine Reise genommen. Er schildert, warum er als Jungspund in die Türkei trampte, um die Wintererstbesteigung des Ararat in Angriff zu nehmen. Wie darauf Expeditionen zum Hindukusch in Pakistan folgten. Dann mal kurz mit Freundin auf den Kilimandscharo, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Später der Denali (ehemals Mount McKinley) in Alaska. Bald der Himalaya. Und immer so weiter. Bis er fast 80 wurde.
Unbändig und unstet wie jede einzelne Tour, so lesen sich die Beschreibungen seiner Planungen. Flankiert von den Dramen des Lebens wie Neid und Verrat. Unzähligen Unfällen, Todesfällen von befreundeten Bergsteigern und dem Wissen, er könnte der nächste sein. Doch es gibt es für ihn immer nur das nächste und das nächste und das nächste Vorhaben. Er fängt in den 1980er Jahren an zu laufen, nimmt an Ultramarathons und Extremläufen teil. Er betätigt sich in unzähligen weiteren Sportarten von Eishockey bis Tauchen.
Als der Lehrer aus gesundheitlichen (!) Gründen frühpensioniert wird, legt er erst so richtig los. Die Seven Summits sind das nächste große, oder vielleicht das größte Ding, beschäftigen ihn bis ins Jahr 2009. Er bricht bei diesen Expeditionen unbeabsichtigt mehrere Weltrekorde. Doch auch danach gehen ihm die Ideen für neue Extremtouren nicht aus.
Unermüdlich lebensmüde?
So ganz lässt sich die Seele eines solchen Menschen wohl nicht verstehen. Für mich als ebenfalls passionierten Bergsteiger lässt sich zwar Vieles nachvollziehen. Auch ich bin jemand, der bewusst Risiken und Entbehrungen sucht, einfach um Vorhaben umzusetzen, die mir im Kopf herumgeistern. Auch ich blende bei Unfällen den „gesunden“ Menschenverstand aus und sage mir, es war ein Fehler, jetzt habe ich die Erfahrung und kann weiter machen. Im Kleinen mache ich nichts anderes als der Extrembergsteiger Helmut Linzbichler. Doch für mich hat alles seine Grenzen. Ich habe eng definierte Zeitfenster für meine Vorhaben. Dann ist es vorbei und was nicht geht, geht halt nicht.
Für ihn jedoch schien das nie zu gelten. Ein Rückschlag nur ein Antrieb für das nächste noch irrere Abenteuer, körperlicher Verschleiß bis hin zur Dysfunktion ein normaler Nebeneffekt. Der besondere Reiz auszuloten, was für ihn überhaupt möglich ist, so schildert er es. Es ist nochmal gut gegangen, auf zum nächsten Projekt. Es ist Irrsinn, aber ich mache es, weil ich es kann.
Überhaupt Sinn, mit der Suche nach einem solchen scheint sich Helmut Linzbichler nie aufgehalten zu haben. Denn es gibt ihn ja nicht. Beim Bergsteigen nicht, und bei was denn sonst schon im Leben. Es gibt nichts zu finden, also fokussiert sich der Bergsteiger auf die Suche. Und findet Dinge, nach denen man nicht gezielt suchen kann. Wenn die ganze Welt in einem Momentchen plötzlich eine Einheit zu sein scheint, alles stimmt, das Wetter, der Gipfelblick, das Eis, der Fels, die Luft. Das Adrenalin im dampfenden Körper, das Wissen darüber, was für eine endlose Kraft man aus ihm herausholen kann, wenn man keine Grenzen akzeptiert. Das feste, starke, alles umfassende Gefühl, zu sein, sich selbst zu spüren.
Helmut Linzbichler reizen die Berge nicht mehr
Jetzt soll aber Schluss sein mit den Bergen, zumindest fast. Ein paar wenige Pläne für Touren hat Helmut Linzbichler noch, doch er resümiert: „Es reizt mich nicht mehr, richtig hohe Berge zu besteigen.“ Aus seiner Feder ein erschütternder Satz.
Und ein ebenso bemerkenswerter Satz. Denn darin steckt auch die Demut und Klugheit des Abschiednehmenden, der den richtigen Zeitpunkt erkennt. Der so selbstbestimmt und energisch, wie es für den Erfolg seiner Extremtouren erforderlich war, auch den Endpunkt setzt, und damit der würdevollen Rückschau ihren Raum gibt. Helmut Linzbichler, so scheint es, hat sein Limit gefunden.
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem Hersteller entstanden. Er hat mir den Artikel zum Testen zur Verfügung gestellt.
Zuletzt aktualisiert am 13.10.2024 von Raffaele